Vermieterpflicht, für einen funktionierenden Telefonanschluss zu sorgen

Leitsatz

Zur Gebrauchsgewährungs- und -erhaltungspflicht des Vermieters bezüglich eines in der Mietwohnung vorhandenen Telefonanschlusses.

Orientierungssätze zur Anmerkung

1. Jedenfalls dann, wenn eine Wohnung mit einer sichtbaren Telefonanschlussdose ausgestattet ist, umfasst der zumindest im Wege ergänzender Auslegung zu ermittelnde vertragsgemäße Zustand einen funktionsfähigen Telefonanschluss. 

2. Dazu gehört die Möglichkeit des Mieters, diesen Anschluss nach Abschluss eines Vertrages mit einem Telekommunikationsanbieter zu nutzen, ohne zuerst noch Verkabelungsarbeiten von dem Anschluss in der Wohnung bis zu einem Hausanschlusspunkt (APL) vornehmen zu müssen.

Der Vermieter schuldet dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. In diesem Zustand muss der Vermieter die Mietsache erhalten. Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Kommt er diesen Verpflichtungen nicht nach, hat der Mieter einen entsprechenden Erfüllungsanspruch. Bereits aus dem Wort „vertragsgemäß“ ergibt sich, dass sich der Umfang des Gebrauchsrechts vor allem aus dem Vertrag ergibt. Da dieser häufig eher lückenhaft ist, richtet sich der Umfang des Gebrauchsrechts und der Gebrauchserhaltungspflicht vor allem nach dem Vertragszweck, aber auch nach der Verkehrssitte. Das BayObLG (Rechtsentscheid v. 19.01.1981 - Allg Reg 103/80 - NJW 1981, 1275) hatte hierzu schon 1981 entschieden:

„‚Wohnen‘ ist, wie dargelegt alles, was zur Benutzung der gemieteten Räume als existenziellem Lebensmittelpunkt des Mieters und seiner Familie gehört, also die gesamte Lebensführung des Mieters in allen ihren Ausgestaltungen und mit allen ihren Bedürfnissen. Bei deren Verwirklichung kann sich der Mieter auch solcher Errungenschaften der Technik bedienen, die als wirtschaftliche Hilfsmittel aus dem gesamten Leben nicht mehr wegzudenken sind.“

Dass hierzu schon seit Jahrzehnten das Telefon gehört, ist unbestritten. Die Frage ist nur die, wer für die technische Anschlussmöglichkeit verantwortlich ist. Damit musste der BGH sich jetzt beschäftigen.

Die Klägerin mietete im Jahr 2011 eine Erdgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus des Beklagten. Die Wohnung ist mit einem Telefonanschluss ausgestattet. Die Telefonleitung verläuft vom Hausanschluss durch einen Kriechkeller zur Wohnung der Klägerin. Nachdem Telefongespräche und die Nutzung des Internets über diese Telefonleitung zunächst möglich waren, kam es in der Folgezeit zu einem Defekt an dieser Leitung. Dies zeigte die Klägerin im Jahr 2015 dem Beklagten an. Sie forderte ihn erfolglos auf, die Telefonleitung zwischen dem Hausanschluss und der Telefondose ihrer Wohnung in Stand zu setzen. Der Telekommunikationsanbieter teilte der Klägerin nach einer Überprüfung mit, an der Zuleitung vom Hausanschluss zur Wohnung sei ein Defekt aufgetreten; das Kabel müsse vom Hauseigentümer erneuert werden. Die Mieterin behilft sich mit einem Kabel, welches vom Hausanschluss über ein gekipptes Fenster von außen in ihr Schlafzimmer verläuft.

Mit ihrer Klage begehrt die Mieterin von dem Vermieter die Instandsetzung der Telefonleitung vom Hausanschluss bis zu ihrer Wohnung. Die Kosten hierfür gibt sie mit 262,10 Euro an. Das Amtsgericht hatte den Vermieter antragsgemäß zur Instandsetzung der Telefonzuleitung verurteilt. Auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung des Beklagten hatte das Landgericht die Klage abgewiesen.

Der BGH hat das amtsgerichtliche Urteil wiederhergestellt. Der Mieterin stehe ein Anspruch auf Instandsetzung der Telefonleitung aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Die nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Mietvertrag entstehende Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, gestaltet § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zum einen dahin aus, dass der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen hat (Überlassungspflicht). Zum anderen trifft den Vermieter danach auf Dauer die Verpflichtung, die Mietsache während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten (Erhaltungspflicht), was zugleich die Pflicht beinhaltet, eine nach der Überlassung eingetretene Verschlechterung der Mietsache zu beseitigen und den zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand wiederherzustellen.

Umfang der Gebrauchserhaltungspflicht

Der Umfang der Pflicht des Vermieters zur Gebrauchserhaltung richtet sich danach, was die Parteien als vertragsgemäß vereinbart haben. Fehlt es an einer vertraglichen Vereinbarung, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand i.S.d. § 535 Abs. 1 BGB nach den gesamten Umständen des Mietverhältnisses und den daraus in – ggf. ergänzender – Auslegung abzuleitenden Standards, insbesondere nach der Mietsache und deren beabsichtigter Nutzung sowie der Verkehrsanschauung unter Beachtung des in § 242 BGB normierten Grundsatzes von Treu und Glauben bestimmt.

Der Mindeststandard

Nach der allgemeinen Verkehrsanschauung kann der Mieter einer Wohnung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete sowie eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Senats kann es vorliegend dahinstehen, ob ein funktionierender Telefonanschluss mangels einer gegenteiligen Vereinbarung vom Vermieter schon unter dem Gesichtspunkt eines nach der Verkehrsanschauung jedenfalls geschuldeten Mindeststandards zeitgemäßer Wohnnutzung geschuldet ist.

Ergänzende Vertragsauslegung des Mietvertrages

Jedenfalls dann, wenn die Wohnung mit einer sichtbaren Telefonanschlussdose ausgestattet ist, umfasst der zumindest im Wege ergänzender Auslegung zu ermittelnde vertragsgemäße Zustand einen funktionsfähigen Telefonanschluss. Dazu gehört selbstverständlich die Möglichkeit des Mieters, diesen Anschluss nach Abschluss eines Vertrages mit einem Telekommunikationsanbieter ohne weiteres nutzen zu können, das heißt ohne zuerst noch Verkabelungsarbeiten von dem Anschluss in der Wohnung bis zu einem ggf. im Keller des Mehrfamilienhauses liegenden Hausanschlusspunkt (APL) vornehmen zu müssen.

Soweit in der Instanzrechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wurde, bei einem späteren Defekt des Anschlusskabels eines mitvermieteten Telefonanschlusses treffe den Vermieter nicht die Pflicht zur Reparatur, sondern er habe lediglich entsprechende Arbeiten des Mieters zu dulden, folgt der Senat dieser Meinung nicht. Sie sei mit der gesetzlichen Regelung der Gebrauchsgewährungs- und -erhaltungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB unvereinbar.

Im Übrigen würde es auch dem Interesse des Vermieters selbst widersprechen, die Gebrauchserhaltungspflicht für das Verbindungskabel zwischen der in der Wohnung des Mieters befindlichen Telefonanschlussdose und dem Hausanschluss im Keller dem Mieter aufzuerlegen. Denn in einem Mehrparteienhaus müsste dann jeder Mieter Arbeiten zur Verbindung der in seiner Wohnung befindlichen Telefonanschlussdose mit dem Hausanschluss im Keller durchführen oder durchführen lassen, was mit der Gefahr uneinheitlicher und nicht aufeinander abgestimmter Leitungsverläufe verbunden wäre.

An dieser Beurteilung ändert sich nach Ansicht des Senats auch nichts, wenn dem Mieter aus dem Telekommunikationsvertrag ein Anspruch gegen den Telekommunikationsdienstleister zustehe. Selbst wenn dies der Fall wäre, läge allenfalls ein Fall gesamtschuldnerischer Verpflichtung vor, bei der es dem Schuldner freisteht, welchen Gläubiger er in Anspruch nimmt.

Schließlich sei es auch unerheblich, dass sich die defekte Leitung außerhalb der vermieteten Räumlichkeiten befindet. Denn die Instandhaltungspflicht des Vermieters beschränkt sich nicht nur auf das eigentliche Mietobjekt, sondern erstreckt sich auch auf die nicht ausdrücklich mitvermieteten Hausteile, die, wenn auch nur mittelbar, dem Mietgebrauch unterliegen.

BGH 8. Zivilsenat, Urteil vom 05.12.2018 - VIII ZR 17/18; mitgeteilt von der Juris-Nachrichtenredaktion.

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